
Interview mit Marcin Kampka
Polnischer Messermacher. Draußenmensch. Designer aus Überzeugung. Und noch ein echter Geheimtipp – aber einer, der hängen bleibt. Wir haben mit Marcin Kampka über seinen Weg, seine Marke Kampka Knives und seine Messer gesprochen. Spoiler: Es war kein Gespräch über Stahlarten – sondern über Haltung, Hingabe und das, was ein Messer wirklich ausmacht.
Marcin, du bist heute hauptberuflich Messermacher – aber wann hat dich das Thema Messer zum ersten Mal wirklich gepackt?
Marcin: Das ging ziemlich früh los. Mein erstes Messer habe ich gebaut, da war ich zwölf. Ich erinnere mich noch ganz genau daran: Ich habe eine alte Säge als Klinge verwendet, dazu ein Holzstück als Griff. Es sah nicht toll aus, aber hat besser geschnitten, als ich erwartet hatte. Ich habe es bis heute – weil es für mich ein Symbol ist. So hat alles angefangen.
Wann hast du begonnen, Messer zu entwerfen und zu bauen?
Marcin: Das war 2014. Ich habe damals nach einem robusten Messer für meine Angel- und Outdoor-Touren gesucht. Etwas, das nicht nur schneidet, sondern auch kleinere Arbeiten am Feuerholz oder Ausrüstungsreparaturen mitmacht. Mein Vater brachte mich auf die Idee, selbst eines zu entwerfen – statt lange nach dem „perfekten“ Modell zu suchen.
Ich entschied mich für Federstahl und kombinierte ihn mit einem Griff aus Schwarzeiche. Gefertigt habe ich das Ganze auf einer CNC-Fräse, mit der ich zu dieser Zeit noch experimentiert habe. Zur Sicherheit baute ich zwei identische Messer. Beide funktionierten – eines davon nutzt mein Onkel bis heute.


Hattest du vorher schon Erfahrung mit Handwerk oder Design?
Marcin: Ja, auf meine Art. Vor den Messern habe ich Angelköder gebaut. Auch da ging es mir darum: Etwas Eigenes schaffen, etwas, das funktioniert. Messer waren irgendwann einfach näher an dem, was ich brauchte. Sie haben mich nicht mehr losgelassen.
Meine ersten Entwürfe waren einfach – Holzprototypen, manchmal nur Skizzen. Manche Ideen wurden nie umgesetzt, andere habe ich gebaut und sofort wieder verworfen, weil sie in meinen Augen zu unausgereift, zu komplex waren. Aber ich habe daraus gelernt: wie Materialien reagieren und was sich in der Praxis bewährt.
Eines deiner bekanntesten Modelle ist das Ingeni. Was steckt dahinter?
Marcin: Viel Geduld – und viele Versionen. Die erste Idee hatte ich 2016. Ich wollte ein Messer, das möglichst viele Aufgaben erfüllt, ohne kompliziert zu sein. Es sollte sich in der Hand sofort vertraut anfühlen, stabil sein und zugleich präzise arbeiten.
Ich habe sehr lange daran gearbeitet – länger als an jedem anderen Modell. Es ist ein Werkzeug ohne Schnörkel, klar, praktisch und direkt. Kein Messer, das ständig Aufmerksamkeit will. Aber eines, das du irgendwann nicht mehr hergeben willst. Ich bin stolz darauf.

„Ich wollte, dass man spürt, was man da in der Hand hält – ein ernsthaftes Werkzeug für ernsthafte Aufgaben.“
Du trägst es selbst?
Marcin: Jeden Tag. Es ist mein EDC. Ich habe viele Messer gebaut, aber das Ingeni begleitet mich fast immer. Weil ich weiß, was es kann – und was ich von ihm erwarten kann.
Bist du auch Sammler – oder eher der pragmatische Nutzer?
Marcin: Ganz klar: Nutzer. Ich habe einige Messer aus meiner eigenen Werkstatt, die ich im Alltag trage oder teste. Außerdem besitze ich ein paar Modelle von Victorinox oder Leatherman – aber alle haben ihren festen Platz im Gebrauch. Ich sammle keine Messer im klassischen Sinn. Für mich sind Werkzeuge dazu da, verwendet zu werden.
Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?
Marcin: Seit der Geburt meines Sohnes im Oktober bin ich eindeutig Frühaufsteher. Aber auch unabhängig davon arbeite ich gerne am Vormittag. Die frühe Phase des Tages ist oft die produktivste – ruhig, konzentriert, fokussiert. Dort entstehen Entwürfe, werden Formen verfeinert, Materialien geprüft.
Gibt es Bücher, die dich inspirieren?
Marcin: Leider komme ich nicht oft zum Lesen – die Zeit fehlt. Aber wenn, dann liebe ich postapokalyptische Bücher oder Filme. Diese Idee von: Was bleibt übrig, wenn alles wegfällt? Da passt ein Messer ziemlich gut rein.
Die letzte Frage: Was ist dir wichtig, wenn du ein Messer baust?
Marcin: Ehrlichkeit. Ich baue nichts, das nur gut aussieht. Meine Messer sind nicht fürs Regal gedacht. Sie dürfen dreckig werden, sie dürfen Kratzer bekommen. Sie sollen raus – ans Wasser, ins Holz, ins Leben. Wenn jemand mir schreibt, dass sein MK Messer ihm bei einem Trip den Tag gerettet hat – das ist für mich das größte Kompliment.
Natürlich ist Design wichtig, aber es darf nicht zum Selbstzweck werden. Die Form muss der Funktion folgen. Ich versuche, Klarheit und Konzentration in meinen Entwürfen umzusetzen. Ohne unnötige Komplexität. Ein gutes Messer muss nicht laut auftreten – es muss im Einsatz überzeugen.
Marcin, danke für das Gespräch, deine Zeit und für deinen Blick auf das, was ein Messer sein kann.